„Computer Aided Engineering (CAE) hat in den vergangenen 25 Jahren stark zu einer schnelleren und wirtschaftlicheren Fahrzeugentwicklung beigetragen und damit die heutige Mobilität mitgeprägt“, resümiert TECOSIM-Vorstandsmitglied Dr. Torben Birker. Er sieht in dieser Erfolgsgeschichte des CAE auch einen Grund für das stetige Wachstum der TECOSIM-Gruppe im vergangenen Vierteljahrhundert. „Und die virtuelle Entwicklung wird noch mehr an Bedeutung gewinnen“, so die Prognose mit Blick auf die anstehenden disruptiven Veränderungen in der Automobilindustrie.
TECOSIM – heute einer der weltweiten Marktführer für numerische Berechnung und technische Computersimulation – war vor 25 Jahren Wegbereiter für CAE in Deutschland und damit ein echter Pionier. Die neunziger Jahre markierten einen wichtigen Wendepunkt in der weltweiten Automobilindustrie: Um neues Wachstum zu generieren, mussten nun neue Absatzmärkte bedient, die Produkte stärker individualisiert werden. Die Branche stand vor der Herausforderung, in immer kürzerer Zeit und unter Berücksichtigung weltweit verschiedener Sicherheitsregularien eine Vielzahl innovativer Fahrzeugkonzepte zu entwickeln.
„Der Anspruch, die komplexen Entwicklungsschritte zu beschleunigen, war überall greifbar“, erinnert sich Jürgen Veith, einer der ersten Mitarbeiter von TECOSIM und heute Mitglied des Vorstands der Unternehmensgruppe. „Allerdings fehlte noch die Initialzündung. Die Branche versuchte beide Strömungen mit der Entwicklung sogenannter Weltautos zu bedienen. Diese Strategie scheiterte aber schnell.“
Erste numerische Berechnungen für Automobilhersteller erfolgten in der Wohnung des Firmengründers Ulrich Rusche
Schnittstellen von IT- und Automobilentwicklung besetzen
Die Initialzündung kam von einer damals sehr jungen Branche, die heute den Begriff der individuellen Mobilität neu definiert – der Informationstechnologie. Seit Mitte der neunziger Jahre stieg die verfügbare Rechner- und Grafikleistung exponentiell an. Damit einher gingen die ersten Versuche, computerbasierte Berechnungen, das Computer Aided Engineering (CAE), in der Fahrzeugentwicklung einzuführen – wenn auch zunächst noch in kleinerem Umfang. Anfangs mussten die Entwicklungsabteilungen noch bis zu 150 Stunden auf die Ergebnisse einer Crashberechnung warten. Heute liefert TECOSIM die Daten für vielfach komplexere Modelle über Nacht.
Die damals neu entstandenen Schnittstellen zwischen Automobil- und IT-Entwicklung beobachteten die Unternehmensgründer von TECOSIM sehr genau. Sie sahen einen wachsenden Markt und handelten schnell. Mit drei Computern, zwei für die Grafik und einem für die Berechnung, starteten sie 1992 die ersten numerischen Berechnungen. Als Büro diente das Wohnzimmer einer Mietwohnung in Rüsselsheim. In der Stadt am Main ist noch heute die Unternehmenszentrale des weltweit tätigen Unternehmens angesiedelt.
Der erste große Auftrag: Für Ford berechnet TECOSIM das Frontcrashverhalten des neuen Ford Fiesta
CAE in die Fahrzeugentwicklung integrieren
1993 kam der erste Meilenstein der Erfolgsgeschichte: TECOSIM berechnet für Ford das Frontcrashverhalten einer neuen Generation des Erfolgsmodells Fiesta. Das Resultat überzeugte den Kunden: Die von TECOSIM berechneten virtuellen Ergebnisse wurden in den realen Crashtests bestätigt. Ein wichtiger Schritt für die zunehmende Integration von CAE in die Entwicklungsabteilungen der großen Automobilhersteller war getan.
„CAE war bei Fahrzeugentwicklern ein eher unbekanntes und zudem skeptisch beäugtes Terrain“, so Veith. „Die noch kaum vorhandene Infrastruktur unserer Kunden auf diesem Feld nutzten wir, um überzeugende Pionierarbeit zu leisten.“
Die neuen Möglichkeiten, aber auch die valide Qualität der „TECOSIM-Berechnertruppe“ sprachen sich schnell herum. Der nächste größere Auftrag folgte ein Jahr später: Opel suchte 1994 Unterstützung bei der Crashberechnung für eine weltweite Fahrzeugplattform. TECOSIM berechnete am Europa-Modell Omega die Crasheigenschaften der Fahrzeugplattform.
Der zweite Kunde: Für Opel berechnete TECOSIM 1994 die Crasheigenschaften des Opel Omega.
Von der Crash-Auslegung zum Gesamtfahrzeug
Mit der Arbeit für Opel legte TECOSIM den Grundstein für seine heutige internationale Ausrichtung. Das kleine Team setzte sich das Ziel, die damalige Fahrzeugentwicklung durch die virtuelle Simulation konsequent zu beschleunigen. Mitte der neunziger Jahre konnte es gemeinsam mit Porsche Engineering ein Projekt erfolgreich abschließen, das sich als weiterer wichtiger Meilenstein erwies. Es öffnete die Türen für Kunden aus dem Premiumbereich, das Unternehmen stellte sein Angebotsportfolio breiter auf.
TECOSIM verließ den bisher eingeschlagenen Weg eines reinen Crashberechnungsdienstleisters und positionierte sich als CAE-Anbieter für die gesamte Fahrzeugentwicklung. Damit ging ein konsequenter Ausbau des Leistungsportfolios einher – die wichtigsten Schritte für den Wandel zum Full-Service-Anbieter im Computer Aided Engineering waren getan. Heute bietet TECOSIM seine Dienstleistungen auf den Feldern Struktur-, Strömungs-, Mehrkörper- und Systemsimulation allen namhaften Automobilherstellern und auch anderen Branchen weltweit an.
„Unsere Berechnungsverfahren und Simulationen zeigen möglichen Optimierungsbedarf bei einzelnen Komponenten oder ganzen Fahrzeugkonzepten auf – sei es zu den Themenfeldern Leichtbau, Sicherheit, Effizienz oder Komfort“, erläutert Udo Jankowski, im TECOSIM-Vorstand für Technologie zuständig.
Damals wie heute ist Qualität ein wichtiger Unternehmenswert. Schon fünf Jahre nach der Gründung ernannte Ford TECOSIM zum First-Tier-Lieferanten. Eine begehrte Anerkennung und ein Ritterschlag für TECOSIM, aber auch für die gesamte CAE-Branche. 1997 wurde TECOSIM außerdem erstmals nach dem Qualitätsmanagementsystem ISO 9001 zertifiziert.
Als Pionier sah sich TECOSIM auch bei der weiteren Professionalisierung der sich langsam konstituierenden CAE-Branche. Da anfangs noch mit eigenentwickelten 3D-Gittermodell-Programmen gerechnet wurde, suchte das Unternehmen den Dialog mit Software-Herstellern. Die neu entstandenen Entwicklungs- und Vertriebskooperationen mit IT- und Softwarefirmen und die daraus abgeleiteten Produkte und Prozesslösungen unterstützten die schnell wachsende Branche bei der Etablierung und verschaffen TECOSIM bis heute einen technologischen Vorsprung.
Den Vorsprung weiter auszubauen war schon früher das Ziel der nationalen und internationalen Expansion. TECOSIM agierte kundenorientiert. Vier Jahre nach der offiziellen Unternehmensgründung in Warstein (Nordrhein-Westfalen) wurde der Geschäftssitz in Rüsselsheim eingetragen, 1999 setzte sich die Geschäftsführung neu zusammen. Die heutigen Vorstände Udo Jankowski und Jürgen Veith übernahmen den Vorsitz und starteten den weiteren Ausbau der Gesellschaft. Noch im selben Jahr eröffnete das Unternehmen in Köln die erste Niederlassung unter der Leitung des heutigen dritten Vorstands Dr. Torben Birker. Es folgten Standorte in Stuttgart, München, Wolfsburg, Ingolstadt und Neckarsulm. Im Jahr 2000 nahm die erste Tochtergesellschaft außerhalb von Deutschland im englischen Basildon ihre Arbeit auf; mittlerweile hat sie ein zweites Büro in Coventry. Wenige Jahre später folgten Markteintritte in Korea, Japan und Indien, aus denen sich die TECOSIM-Standorte nahe Tokio, Bangalore und in Pune entwickelten. Seit April 2016 sind die Ingenieure zusätzlich mit einem Büro im österreichischen Graz vor Ort. Heute generiert das Unternehmen die Hälfte seines Umsatzes im Ausland.
Ein Modell für ein Crash-Komplettfahrzeug besteht heute aus bis zu sechs Millionen finiten Elementen
Anfang der 90iger Jahre bestand ein voll vernetztes Crashmodell aus rund 25.000 finiten Elementen (Beispielbild hier ESI-Group / E. Haug von 1985)
Zum Vergleich: Heute besteht eine einfache Komponente wie ein Kopfstütze aus 25.000 finiten Elementen
CAE aus Entwicklung nicht mehr wegzudenken
Das Tempo des Unternehmenswachstums kann rückblickend als Spiegelbild der technologischen Entwicklung gesehen werden. Die steigende Rechner- und Grafikleistung verbesserte die Detaillierungs- und Aussagefähigkeit virtueller Fahrzeugberechnungen signifikant. Zu Beginn der Geschäftstätigkeit hatte ein von TECOSIM voll vernetztes digitales Crash-Vollfahrzeug knapp 25.000 finite Elemente, wenige Jahre später hatte sich die Zahl bereits vervielfacht. Heute besteht allein eine vergleichsweise einfache Komponente wie eine Kopfstütze aus rund 25.000 finiten Elementen – ein vollständiges Modell für ein Crash-Komplettfahrzeug dagegen aus bis zu sechs Millionen finiten Elementen.
Mit dieser Entwicklung ging Ende der neunziger Jahre eine deutlich gesteigerte Berechnungs- und Prognosefähigkeit einher. Dies hatte und hat weitreichende Auswirkungen in der Automobilentwicklung. Die Entwicklungszeit sank spürbar, die Modellvielfalt stieg deutlich. Für die Automobilbranche und für TECOSIM gilt: CAE ist aus der Entwicklung nicht mehr wegzudenken.
Neue Produkte erschließen neue Märkte
Mit Beginn des neuen Jahrtausends strebte die Unternehmensleitung die gezielte Besetzung noch weißer Flecken auf der „CAE-Landkarte“ an. Die Entwicklung und Vermarktung eigener Produkte startete. Mit dem Prozessmanager TEC|PROM und dem Software-Programm TEC|ODM leistete TECOSIM 2003 erstmals einen wichtigen Beitrag für die weitere Automatisierung komplexer Rechenprozesse.
Mit der Markteinführung von TEC|BENCH im Jahr 2004 besetzte das Unternehmen ein ganz neues Feld und erwies sich auch hier als Pionier: Erstmals konnten mit dem virtuellen Benchmarking-Prozess die Eigenschaften von Produkten auf der Simulationsebene gemessen und verglichen werden. Der Ansatz war und ist auch heute besonders, da die Untersuchungen selbst und deren Ergebnisse direkt in jeder Art von CAE-Toolkette beim Kunden weiterverarbeitet werden. TEC|BENCH schafft damit einen vollwertigen und effizienten Ersatz für das konventionelle Hardware-Benchmarking, bei dem reale Bauteile physischen Tests unterzogen werden.
Ein neueres Produkt ist die 2015 eingeführte Potenzialfahrzeug-Methode TEC|CONCEPT. Mittels Parametrik zeigt der Prozess vielfältige Optimierungspotentiale für ein Fahrzeug bereits in der frühen Entwicklungsphase auf. Die Methode vereinfacht zudem die Abstimmung zwischen Berechnung und Konstruktion und ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer voll digitalen Automobilkonstruktion.
Wachstum beschleunigen
Die Ausweitung des Leistungsportfolios und die erfolgreiche Vermarktung eigenentwickelter Produkte sind das Ergebnis einer innovationsgetriebenen Unternehmenskultur. In den Jahren 2011 und 2015 erhielt TECOSIM die Auszeichnung „Top-Innovator“. Die Jury würdigte insbesondere den internen Prozess SIM|PULS mit seiner hohen Realisierungsquote.
„Wir sind stolz auf unsere Mitarbeiter und ihre Ideen, sie prägen den innovativen Charakter der Marke TECOSIM und tragen zu unserem Unternehmenserfolg bei“, bilanziert Dr. Torben Birker. Denn: „Nur eine hohe Anzahl von Innovationen und deren zügige Umsetzung hält Wettbewerber auf Distanz und schafft weiteres Wachstum.“
Trotz des schnellen Wachstums – allein in den letzten zehn Jahren hat sich die weltweite Mitarbeiterzahl von 200 auf 460 mehr als verdoppelt – hat sich TECOSIM bis heute einen Think-Tank-Charakter bewahrt. Daran hat auch die kontinuierliche Umsetzung moderner Arbeitsbedingungen ihren Anteil, etwa wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Das wird honoriert. Mehrmals wurde das Unternehmen als Top-Arbeitgeber und als besonders familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet.
Die Zukunft der Mobilität gestalten
Und was plant der CAE-Pionier TECOSIM für die nächsten 25 Jahre? „Natürlich wollen wir das Erreichte weiter ausbauen und neue Bereiche für uns erschließen“, blickt Jürgen Veith in die Zukunft. Maßgeblichen Anteil daran tragen die eruptiven Veränderungen in der Automobilindustrie. Neue Mobilitäts- und Antriebskonzepte, steigende Modellvielfalt sowie noch schnellere und stärker simultan ausgerichtete Entwicklungszyklen verlangen nach Lösungen. Mit Blick auf die nächsten 25 Jahre hat sich TECOSIM darauf eingestellt.
„Mit einer stärkeren Ausrichtung unserer Leistungen auf die Themenfelder E-Mobilität, Komfort und Sicherheit bieten wir Antworten für neue Fragen“, ergänzt Dr. Torben Birker. „Mit der Ausweitung unseres Produktportfolios durch CAE-getriebene Modulentwicklung verfolgen wir zudem das Ziel, unseren Kunden mehr Leistungen aus einer Hand anzubieten.“
Damit bleibt das Unternehmen seiner Rolle als Pionier weiterhin treu. Denn nur die Reduzierung von Komplexität verspricht schnellere Ergebnisse und damit auch schnelle Lösungen.
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